E-Commerce ist in Deutschland und den meisten Ländern in Zentraleuropa vollkommen etabliert. In der Schweiz sieht es bislang anders aus, dort spricht man erst jetzt von einem Boom. Tatsächlich waren es Zollbestimmungen, eine generelle Ablehnung dem Online-Handel gegenüber und andere Faktoren, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass der durchschnittliche Verbraucher in der Schweiz erst jetzt zum Smartphone greift, um damit seine Einkäufe zu erledigen.
Der Einzelhandel in der Schweiz war lange Zeit von alten Traditionen bestimmt. Lokale Produkte dominierten in den Ladengeschäften und diese Situation wurde nicht sonderlich hinterfragt. E-Commerce wurde lange Zeit als etwas Neumodisches und Unnötiges abgetan, sodass der Online-Versandhandel in der Schweiz auf keinen sonderlich fruchtbaren Boden stieß. Ein langsam steigendes Interesse konnte erst beobachtet werden, als der Blick der Verbraucher mehr und mehr ins benachbarte Ausland ging.
Der Switzerland 2022 E-Commerce Country Report zeigt, dass E-Commerce derzeit einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Gerade in den Bereichen Elektronik, Fashion und bei den Spielwaren ist der Online-Handel so stark wie noch nie zuvor. Beinahe jeder Schweizer, unabhängig vom Alter, hat die Vorzüge des Online-Handels erkannt.
Etliche Faktoren sind für den derzeitigen, rasanten Wandel verantwortlich. Zum einen ist es natürlich das Konsumverhalten, das sich auch in der Schweiz in den vergangenen Jahren drastisch verändert hat, zum anderen ist es die Technologieentwicklung. Mittlerweile hat beinahe jeder Zugang zum mobilen Internet, weshalb es nicht wundert, dass die meisten Geschäfte online mittlerweile mit dem Smartphone abgeschlossen werden. Ein dritter Faktor, der entscheidend ist, beruft sich auf politische Entscheidungen. Ab 2024 sind etliche Warenkategorien von den hohen Importzöllen befreit.
Ebenso kann über eine Veränderung des Qualitätsbewusstseins gesprochen werden. Der Verbraucher in der Schweiz zeichnet sich seit jeher für sein Verlangen nach höchster Qualität und Langlebigkeit aus. Tendenziell verändert sich dieses Bild gerade, Verhaltensweisen beim Shopping, wie sie etwa in Deutschland gängig sind, dominieren mittlerweile auch in der Schweiz.
Binnen weniger Jahre wird die Schweiz zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für nationale und internationale Händler werden. Mag der Weg zu Beginn auch steinig, steil und holprig gewesen sein, so holt die Schweiz heute mit großen Schritten auf. Die Kaufkraft in der Schweiz ist größer als in anderen Ländern, weshalb es nicht wundert, dass etablierte Versandhändler aus dem Ausland, aber auch kleine Start-ups, ihren Blick verstärkt auf die Schweiz lenken.
Durch diesen späten Boom ergeben sich für die Schweiz Chancen, die andere Länder verpasst haben. Während beispielsweise in Deutschland oder in Frankreich der Online-Handel fest in der Hand weniger ist, kann sich die Schweiz an neuen Modellen versuchen, die den Markt online fairer und transparenter gestalten. Ob das gelingen wird, das steht allerdings in den Sternen, schließlich ist die Sogwirkung, die vom Angebot der Branchenriesen ausgeht, enorm.
Es bleibt also spannend und der Boom in der Schweiz wird noch für mehrere Jahre anhalten. Wo und wann sich der Online-Handel einpendeln wird, dass kann bislang noch niemand sagen, Fakt ist aber, dass das Wachstum erst jetzt richtig Fahrt aufnimmt.